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Kopflos

Seitenblick

Von Hans W. Korfmann

Er rollte und rollte. Der Käfer, der Stolz der Nation. Jetzt rollt der Kopf. Von VW-Manager Peter Hartz. Auch wegen einer gut bezahlten Frau. Er verdrängte damit sogar seinen Freund, den zukünftigen Altbundeskanzler, der nur wenige Tage zuvor ebenfalls seinen Abschied einreichte, aus den Schlagzeilen. Vielleicht werden sie in Zukunft nur noch Urlaub zusammen machen. Schließlich sind Peter und Gerhard alte Kumpel, sie kennen sich aus Zeiten, als der eine noch nicht Kanzler und der andere noch nicht Arbeitsdirektor bei Europas größtem Autokonzern war.

Kein Wunder, dass Peter Hartz, der 1994 die Viertagewoche im kriselnden VW-Konzern einführte und damit mutmaßlich 30 000 Entlassungen verhinderte, später den Auftrag vom neuen Kanzler erhielt, gleich ganz Deutschland zu retten. Das Ergebnis war das so genannte Hartz-Konzept, das vor 500 geladenen Gästen im Berliner Dom verkündet wurde wie das neue Evangelium.

Doch spätestens seit der Ausbaustufe IV des Hartz-Konzeptes mit den Ein-Euro-Jobs, den Ich-AGs und den Job-Centern ist klar, dass Deutschland größer ist als ein Automobilkonzern. Und jetzt stürzt sogar der rettende Engel der Nation: Peter Hartz.

Dabei war Peter, der Sohn eines Stahlarbeiters, doch stets so fleißig. Er hatte das Abitur nachgeholt, das sein Vater nicht finanzieren konnte. Sich hochgearbeitet, nicht hochgebuckelt. "Er ist besessen, wenn es darum geht, Modelle zu entwickeln, die Arbeitsplätze schaffen oder zumindest sichern", sagte einmal einer seiner engsten Mitarbeiter. Er war tatsächlich der Überzeugung, dass Deutschland zu retten wäre, wenn nur "alle Profis der Nation" zusammenspielten. Als handele es sich um ein Fußballspiel.

"Er habe viel für Deutschland getan", sagte sein Freund und Kanzler noch vor wenigen Tagen. Er war "beharrlich und absolut verlässlich ", sagte ein Freund. Bis die schöne Joselia R. in das Leben des Top-Managers trat.

"Man muss die Menschen lieben, dann fällt es leichter, Lösungen zu finden", hat Hartz einmal gesagt. Doch diesmal fand auch er keine Lösung mehr. Trotz der Liebe.

Frankfurter Rundschau - 2005
© Hans W. Korfmann

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