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Im gerade zu Ende gegangenen Jahr feierte die Griechische Kulturstiftung in Berlin ihr zehnjähriges Bestehen - mit einem Festakt im Berliner Konzerthaus und mit einer dreibändigen Festschrift. Hartnäckig halten sich in den letzten Monaten Gerüchte um die bevorstehende Schließung einiger Zweigstellen, darunter auch Odessa und Berlin. Die Kappung der Berliner Aktivitäten wäre ein Akt größter Kurzsichtigkeit, zehn Jahre Aufbauarbeit wären in den Sand gesetzt. Kann sich Griechenland eine solche Verschwendung leisten? Manchem wollten Festakt und Festschrift wie die Anklänge eines Schwanengesangs erscheinen, doch bleibt zu hoffen, daß sich die Athener Zentrale doch noch auf die vermittelnde Wirkung von auswärtiger Kulturpolitik besinnt. Anläßlich des Jubiläums sprach GZ-Mitarbeiterin Michaela Prinzinger mit dem Leiter der Griechischen Kulturstiftung Berlin Eleftherios Ikonomou.

Wie sieht Ihr persönliches Fazit nach zehn Jahren Kulturarbeit in Berlin aus?
10 Jahre erscheinen bei einem Land wie Griechenland mit einer mehrtausendjährigen Kulturgeschichte als ein verschwindend geringer Zeitraum. Um ein Fazit ziehen zu können, sollte man sich auch fragen: Was ist denn der Zweck unserer Arbeit, was sollen wir erreichen?
Griechenland ist ein immer noch sehr begehrtes Urlaubsland, also haben viele Menschen aus dem deutschsprachigen Raum eine sehr direkte Anschauung unseres Landes und unserer Kultur. Diese Anschauung ist allerdings sehr begrenzt, eben durch die vorwiegend touristische Erfahrung. Ziel unserer Arbeit war und ist es zu vermitteln, dass die griechische Kultur so viel mehr ist, als die allgemeine Wahrnehmung von außen vermutet.
Dabei geht es uns um den Beitrag der griechischen Kultur zur westlichen Zivilisation seit der Antike – allerdings bemühen wir uns immer, den Bezug zur Gegenwart im Auge zu behalten.

Welche Schwerpunkte wollen Sie in den kommenden Jahren setzen?
Kulturpolitische Arbeit erfordert einen „längeren Atem“ und Kontinuität. So werden wir sicherlich eine Reihe unserer Schwerpunkte auch künftig beibehalten; ändern wird sich unter Umständen die Gewichtung innerhalb der Schwerpunkte. Einer dieser kontinuierlichen Schwerpunkte liegt sicherlich in der Vermittlung der griechischen Sprache. Wir führen weiterhin Sprachkurse in unseren Räumen durch und hoffen, diesen Bereich erweitern zu können.
Besonders am Herzen liegt uns auch die Förderung des Literaturtransfers. Mit Griechenland als Gastland der Frankfurter Buchmesse 2001 wurde griechische Literatur einem breiteren Publikum zugänglich gemacht. Dies war bestenfalls ein erster Ausgangspunkt, auf den es nun in den nächsten Jahren aufzubauen gilt durch Kooperation mit deutschen Verlagen und griechischen Partnern wie dem Nationalen Buchzentrum, durch die Organisation von Lesereisen griechischer Autoren, durch Seminare für Übersetzer aus dem Griechischen, durch Präsenz auf den großen Buchmessen und vieles andere.

Ist es nicht manchmal ein Drahtseilakt, die unterschiedlichen Bedürfnisse von Griechen und Deutschen - was die Präsenz der griech. Kultur im deutschsprachigen Raum betrifft - unter einen Hut zu kriegen?
Dieser Drahtseilakt, wie Sie es nennen, ist ein zentrales Ziel unserer täglichen Arbeit. Dabei betrifft dies weniger unsere Partnerinstitutionen als viel mehr unser Publikum in beiden Ländern. In unserem speziellen Fall kommt hier vielleicht gravierend hinzu, dass – wie ich oben schon andeutete – in Deutschland ein durchaus positives Griechenlandbild vorliegt, das allerdings kontinuierlich aus bestimmten Klischees folkloristischer und touristischer Art gespeist wird. Daraus resultiert dann auch das durchaus nachvollziehbare Bedürfnis, das bereits Bekannte und Geschätzte – denken Sie nur an bestimmte Aspekte unserer Musik – immer wieder zu rezipieren. Dabei ist es natürlich unser Anliegen, auf dieser positiven Basis aufzubauen, aber kulturelle Aspekte zu präsentieren, die darüber hinaus gehen.
Interessanterweise treffen sich in diesem Bereich durchaus Erwartungen von deutscher und griechischer Seite. Auch eine recht große Anzahl unserer griechischen Bürger würde am liebsten vor allem diese mehr folkloristisch oder an unserer antiken Vergangenheit orientierten Errungenschaften im Ausland präsentiert sehen wollen. Hier gilt es, auf beiden Seiten den Horizont zu erweitern.

Halten Sie millionenschwere Großereignisse wie die Olympischen Spiele für vertretbar, wenn in der Folge der Kulturetat ausgetrocknet wird?
 Die Ausrichtung der Olympischen Spiele oder jetzt auch der Fußball-WM in Deutschland spielen sich in einer Größenordnung ab, die weit über das kontinuierliche operative Geschäft der Kulturpolitik eines Landes hinaus gehen. Dennoch sind sie offenbar für die betroffenen Länder von erheblicher – auch kulturpolitischer – Bedeutung. Diese Großveranstaltungen werden letzten Endes von Seiten der Politik auch als von innen und außen wirkende PR-Veranstaltung eines Landes wahrgenommen. Dass dadurch auch Finanzmittel in einem außergewöhnlichen Rahmen gebunden werden, mag man bedauern.

Der Staat entzieht sich immer mehr seiner Verantwortung für die Kulturproduktion. Welche Konzepte haben Sie parat, um Drittmittel einzuwerben und, sagen wir mal, die Wirtschaft stärker in die Kulturförderung einzubeziehen?
Dies ist eine Tendenz, die sicherlich nicht nur auf Griechenland zutrifft – auch in Deutschland haben fast alle Kulturinstitutionen mit einem ähnlichen Problem zu kämpfen, sicherlich in immer stärkerem Maße auch die einst finanziell so gut ausgestatteten Goethe-Institute.
Dies hat zur Folge, dass wir einen immer größeren Anteil unserer Arbeitskraft nicht in die Inhalte unserer Arbeit, sondern in das Einwerben von Drittmitteln investieren. Diesbezüglich können wir für Griechenland eine durchaus positive Entwicklung konstatieren. Weite Teile der griechischen Wirtschaft, aber auch private Sponsoren haben unsere Arbeit intensiv unterstützt. Auch hier haben wir inzwischen ein Netz von potentiellen Ansprechpartnern aufgebaut. Um es auf den Punkt zu bringen: Die für unsere Arbeit zur Verfügung stehenden öffentlichen Mittel haben inzwischen ein Niveau erreicht, dass wir ohne Drittmittel fast keine Veranstaltung mehr durchführen können.

© Griechenland Zeitung 6. 1. 2006
Griechenland Zeitung: Interview


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