Zwischen Literatur & Journalismus Fachübersetzen / Dolmetschen Literaturübersetzen / Moderieren Schreiben / Publizieren Die Person Kontakt & Links
 

Der Schriftsteller Erhart Kästner bezeichnete Kreta einst als „wild, schön und großartig“, die Insel erschien ihm wie „die Wurzel und der alte knorrige Stamm Griechenlands“. Das freilich ist vor mehr als sechzig Jahren geschrieben. Kreta aber gilt immer noch als Insel voller Mythen und Geheimnisse.

Die Autorin und Übersetzerin Michaela Prinzinger hat ein Büchlein zusammengestellt, um die Historie zu erklären und zu zeigen, wer schon alles auf Kreta war. Die Autorin kennt sich gut aus auf der Insel und sie hat auch ausgiebig in der Literatur gestöbert, Spuren in Christa Wolfs „Kassandra“ freigelegt, in Harry Mulischs „Die Elemente“, Henry Millers „Koloss von Maroussi“. So entsteht ein Geschichts- und Geschichtenbuch.

Michaela Prinzinger bietet verschiedene Spaziergänge an, zum Beispiel durch Iraklio, Rethymno und Chania, die drei wichtigsten Städte auf Kreta. Sie weist auf Cafés und traditionelle Garküchen am Wegesrand, führt zu Wanderungen durch die wilde Berglandschaft, gibt Tipps, wie man selbst an überlaufenen Orten wie Knossos noch in die Geschichte flüchten kann. Die Autorin spürt den „Wunden des Zweiten Weltkriegs“ nach, lässt Mikis Theodorakis zu Wort kommen, Nikos Kazantzakis, Ioanna Karystiani. Und sie spart schließlich auch nicht mit Kritik an den Bausünden der jüngsten Vergangenheit und den Auswüchsen des Massentourismus. Manche Autoren behaupten schon, erst die Besetzung durch Heerscharen von Touristen habe das erreicht, was Römern, Byzantinern, Arabern, Venezianern, Türken und Nazideutschen in den vergangenen Jahrhunderten nicht gelang: den Stolz der Kreter zu brechen und ihren unbändigen Freiheitswillen und Widerstandsgeist zu beseitigen.

Am Ende gibt es ein paar Kulturadressen, eine Literaturliste, und mit Fotos (auch farbigen) hat der Verlag erfreulicherweise nicht gegeizt. Ein Makel: Eine detaillierte Karte von Kreta fehlt im Buch. Nicht alle erwähnten Ortsnamen sind zu finden. Aber sonst: ein kenntnisreiches Büchlein, das in jedes Handgepäck passt.

Stefan Berkholz, Tagesspiegel 20. 5. 2007

Pressestimme


« zurück